SAYFO 1915 - VÖLKERMORD
Eine Geschichte von Widerstand und Überleben
Der Völkermord im Jahr 1915 (Sayfo: Schwert) bildet die dunkelste Zeit in der Geschichte der Suryoye und hinterließ tiefe Wunden in der Gesellschaft, die durch die verübten Gräueltaten vollständig zerstört wurde. Bei den Massenvernichtungen, die sich auf osmanischem Territorium vollzogen, wurden ungefähr fünfhunderttausend Suryoye getötet. Nach seiner Regierungsübernahme im Jahr 1913 legte das Komitee für Einheit und Fortschritt die Prinzipien seiner Politik fest. Enver Pascha wurde Kriegsminister und unternahm wichtige Schritte zur Neuorganisation des Militärs.
Am 23. Februar 1914 fand zwischen Eşref Kuşçubaşı, einem Geheimdienstagenten, und Enver Pascha ein Gespräch statt. Dabei betonte Kuşçubaşı, dass die Einheit des Staates nur durch eine türkisch- islamische Einigung gewährleistet werden könne. Nebstdem verwies er darauf, dass man zwischen treuen und untreuen Untertanen streng unterscheiden müsse. So wurde in monatelangen Sitzungen ein Plan ausgearbeitet. Dieser Plan sah vor die christliche Bevölkerung aus Anatolien zu entfernen, um dann das Land zu türkisieren. Der Plan richtete sich anfangs gegen die Griechen in der Ägäis-Region und wurde schon vor dem 1. Weltkrieg durch aktive Teilnahme des Komitees, der osmanischen Regierung und des Militärs umgesetzt. Im Frühjahr 1914 intensivierten sich die Überfälle in Westanatolien. Die Griechen wurden getötet oder exiliert. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs führte man hier eine weitere Säuberungsaktion durch. Sie wurde vom deutschen General Liman von Sanders organisiert. In ihrer Folge wurden etwa 300000 Griechen getötet und 450000 nach Griechenland ins Exil vertrieben.

Auf einer Versammlung am 2. August 1914 wurde die Gründung einer besonderen Geheimorganisation beschlossen (auch Teşkilât-ı Mahsusa genannt), deren Leitung Kuşçubaşı übertragen wurde. Diese Organi- sation sollte den Plan umsetzen alle Christen zu liquidieren. Zu diesem Zweck bildete man Banden, die sich aus Gefängnisinsassen, Migranten türkischer Herkunft und kurdischen Stämmen zusammensetzten. Sie sollten vor allem im Osten Anatoliens aktiv werden.
Als die Osmanen am 11. November 1914 in den ersten Weltkrieg eintraten, hatten deutsche Generäle die Schlüsselpositionen der osmanischen Armee inne. Die turanistischen Ideen des Komitees passten gut mit der Strategie der Deutschen zusammen, muslimische Regionen in Indien, Mittelasien und Nordafrika zu vereinen, um den englischen Einflussbereich einzuschränken. Die Banden, die der Staat seit November 1914 aufgebaut hatte, begannen mit ihren Überfällen auf die Ost-Suryoye in der Region Hakkari und Van. Im Februar 1915 kam es zu einer ersten Welle armenischer Vertreibung. Die Angriffe wurden anfangs unsystematisch durchgeführt. Später wurden sie auf einer Reihe
von Sitzungen durchorganisiert. Im März 1915 entschied sich das regierende Komitee für Einheit und Fortschritt für eine methodische Durchführung der Säuberung. Die Deutschen wurden ebenfalls informiert, die Umsetzungsphase begann.
Nach dem Aufstand der Armenier im April 1915 in Van wurden in vielen Städten reiche armenische Bürger und Intellektuelle verhaftet. Am 24.- 25. April 1915 wurden in Istanbul hunderte hoch angesehene und intellektuelle Armenier festgenommen. Die Verhafteten wurden zu Tode gefoltert oder öffentlich aufgehängt, um das Volk einzuschüchtern. Zwischen Mai und August wurde an Armeniern und Suryoye ein systematischer Völkermord verübt.

Die Einwohnerzahl der Suryoye im Osmanischen Reich und im Iran betrug kurz vor dem Völkermord 1915:
Region Urmia. 70.000
Hakkari und Grenzregion. 153.000
Sivas*. 25.000
Harput*. 5.000
Diyarbakır*. 60.000
Van*. 98.000
Bitlis*. 15.000
Turabdin-Region 200.000
Mossul. 100.000
Sapna. 10.000
Zibar. 15.000
Botan. 5.000
Aşağı Pervari. 5.000
Urfa. 5.000
Siirt. 25.000
Total. 791.000
Mit (*) vermerkte Orte sind Vilayets.
Quelle: Asur Soykırımı, Unutulan bir Holocaust, Gabriele Yonan
Massaker an den Suryoye-Chaldäer-Assyrer wurden ab dem 15. April 1915 in den Regionen von Van, Bitlis und Siirt; ab Mai 1915 in Hakkari, und im Vilajet Diyarbakır (Mardin, Turabdin, Urfa) in der Urmia- Region, in Sivas, Malatya, Adıyaman, Elazığ, Adana, Antakya, Maraş, Antep, Erzurum, Kars u.a. begangen. Suryoye, Chaldäer und Assyrer lebten vielerorts eng mit Muslimen zusammen. Die West-Suryoye waren mehrheitlich in Diyarbakır und Umgebung angesiedelt, während die Chaldäer in der Region Van-Bitlis-Siirt und die Assyrer in der Van- Hakkari-Urmia- Region lebten. 1918 endeten die Blutbäder (Sayfo: Hinschlachtung) an den Suryoye.
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